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Als homo ludens und damit als ungehemmt frohe Spielernatur hofft man bekanntlich, die schroffen Klippen des Daseins besser zu umschiffen. Und schrieb nicht bereits Schiller in seinen Ästhetischen Briefen, dass nur wer spielt, ganz und gar Mensch sei? Oder spielen wir letzten Menschen, die wir allesamt ungehemmt unsere Neigungen ausleben, dem Diktat der geltenden Mode des immer Mehr und immer Weiter unterworfen, jedes Spiel viel zu viel? So viel,
dass wir am Abgrund taumeln?

Nur ein Spiel ist Fredrik Forsbergs drittes Soloalbum und es ist wie seine Vorgänger mit vollem Ernst dem Ernst des Daseins gewidmet, jedoch spielerisch, dem Albumtitel verpflichtend. Dabei hat sich Fredrik Forsberg, bekannt als Leadsänger der Münchener Gruppe BeatHotel, Schützenhilfe geholt: zum einen bei Arthur Schopenhauer, dem verschrienen Dunkelseher und Pudelliebhaber aus Frankfurt am Main mit seinen pittoresken Ausführungen über das Leiden dieser Welt. Sodann bei Augustinus, der in seinen Confessiones im Liber XI einzigartig über das Wesen der Zeit sinniert. Und schließlich kommt der in Verruf geratene Martin Heidegger zu Wort, der vor seiner politischen Verirrung und Verwirrung in Sein und Zeit, herausgegeben 1927, scharfsichtig das Man, durch das jeder der andere und keiner er selbst sei, an den Pranger stellt.

Dazwischen reihen sich einige neue Forsberg-Kompositionen. Erwähnenswert ist der Titelsong Nur ein Spiel mit seinen leisen existentialistisch geprägten Tönen, sodann Alles wird gut mit der hart anmutenden Schilderung des sozialen Abstiegs. (Abgesetzt davon folgt eine letzte Strophe, die explizit Adornos Gedanken reflektiert und den Bogen zur Ellipse schließt.) Weil Du lebst, weil Du liebst kann (aber muss nicht) verstanden werden als ein Hinweis, dass Leben, wie wir es von der Eigentlichkeit entrückt leben, inkommensurabel ist und die Ratio nicht alles sein darf, da diese selbst Ausdruck des Herrschenden ist. Auch die in Kassandra ruft! ausgesprochene Warnung lässt vielleicht den ein oder anderen aufhorchen, weil – egal, um was es geht - es das von Apoll auferlegte Schicksal dieser Seherin auf ewig ist, ungehört, unverstanden zu bleiben. Du musst Dein Leben ändern und Der schöne Schein hingegen sind Gitarrenrocker, knüpfen zitatverdächtig an den Sound der Rockheroen der 70er-Jahre an und verfolgen auch im Text eine gewisse rebellische Attitüde.

Die Lieder klingen – gemessen an den Vorgänger-Alben – allesamt durchgestylter, mehr dem Modernen verpflichtet, dem 60‘s-Flair endgültig entrückt. Und jedes Lied erzählt eine Geschichte, durch den stark subjektiv kaleidoskopischen Blick gefärbt, mit deutlichem Akzent auf sozio-psychische Verhältnisse, insbesondere fixiert auf das feststellbare Leiden des mitunter inhuman gewordenen Arbeitslebens, als „agiler Kapitalismus“ deklariert. 

Kein Amüsement ist also zu erwarten, aber wofür denn auch? Wenn so viele Künstler genau dieses Ziel verfolgen, ist es nicht ratsamer, nischenhafte Töne anzuschlagen? Gleichwohl freut sich der Künstler, wenn der ein oder andere Hörer goutiert, was seinen Ohren vorgesetzt worden ist.


Fredrik Forsberg
Nur
ein
SPIEL
Pop, Philosophie und
ein tanzender Gott ...